Brauchen wir alles sofort?

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Die Lieferzeiten beim Online Shopping haben sich in den letzten Jahren rapide entwickelt. Die Lieferung am nächsten Tag ist heute der Standard. Doch damit nicht genug! Schaut man sich einmal die Ziele von Amazon an, scheint Jeff Bezos hier noch viel ehrgeizigere Ziele zu verfolgen. Aber brauchen wir wirklich alles sofort? Innerhalb von wenigen Stunden? Feststeht, dass die Lieferzeiten in den vergangenen Jahren immer kürzer geworden sind und die sofortige Verfügbarkeit der nächste logische Schritt ist – oder???

Entwicklung von Lieferzeiten und Kundenerwartung

Dauerte es 2004 nach Stiftung Warentest noch bis zu 6 Tagen bis beispielweise Elektronikartikel ihren Kunden erreichten, sind die Prozesse heute so weit optimiert, dass die bestellte Ware häufig schon am folgenden Tag zugestellt wird. Daraus ergibt sich beim Käufer eine Zufriedenheit. Diese bestätigt auch die nachfolgende Statistik von Handelsdaten aus 2013. So waren in 2013 bereits 83% aller Befragten zufrieden mit der Lieferzeit beim Online Shopping. Zumal auch der Kundenservice um die Lieferung deutlich optimiert werden konnte. So stellen technische Schnittstellen uns heute alle relevanten und manchmal auch nicht relevanten Daten rund um unsere Lieferung zur Verfügung. Von der Bestellbestätigung über die Mitteilung der Paketnummer und der Ankündigung der ungefähren Lieferzeit bis hin zur Zustellbenachrichtigung.

 

Zufriedenheit mit Lieferzeiten

Dennoch gibt es in verschiedenen Branchen viele Aktivitäten eine Lieferung noch am gleichen Tag umzusetzen. So hat zum Beispiel die SAITOW AG als Betreiber der Reifenplattform Tyre24 zahlreiche Lieferfunktionen die eine Lieferung von Reifen am gleichen Tag ermöglichen. Mit der Express NOW Lieferung innerhalb von 90 Minuten dürfte man hier wohl zu den schnellsten überhaupt zählen. Was im B2B Bereich auch nachvollziehbar und sinnvoll ist muss ja aber nicht zwingend für Kleider und Elektronikprodukte gelten. Oder will jemand tatsächlich seine neue Hose innerhalb von 3 Stunden nach der Bestellung erhalten um sie dann doch erst in die Waschmaschine zu tun? Vorausgesetzt sie passt überhaupt und muss nicht zurückgesendet werden.

Dennoch baut Amazon seinen Dienst Prime Now weiter aus. 2014 gestartet ist der Dienst mittlerweile auch in Berlin verfügbar. Die versprochenen 60 Minuten Lieferzeiten können jedoch nicht überall gehalten werden, wie die Welt feststellen konnte. Hinzu kommen 6,99 € Gebühren für die Lieferung. Wie viele Nutzer bereit sind die Gebühr zu zahlen bleibt abzuwarten. Zumal eine sofortige Verfügbarkeit erst an Platz 5 der entscheidenen Kriterien für die Kaufentscheidung im Internet ist. Dass viele Artikel sofort verfügbar sein werden, daran werden wohl trotzdem die wenigsten zweifeln. Nicht zuletzt, da Amazon als wichtiger Treiber fungiert. Eine gewisse Marktmacht ist Ihnen nicht abzusprechen. Was die Frage aufwirft was sich alles verändern wird.

Was wenn alles sofort verfügbar ist?

Wie sieht eine Welt aus in der alles sofort verfügbar ist und ist das überhaupt möglich? Das Amazon Prime Now bislang nur in Großstädten einführt, macht deutlich das ländliche Gegenden es wohl zukünftig noch schwerer haben dürften. Die Kluft zwischen Ballungsgebieten und weniger dicht besiedelten Regionen wird dann mitunter noch größer. Mit Folgen für die demografischen Strukturen in den betroffenen Regionen. Ganz zu schweigen davon, dass weniger entwickelte Länder noch viel weiter zurückliegen. Können diese überhaupt bei der rasanten Entwicklung der großen Industrienationen mithalten?

Aber auch die Frage nach den Auswirkungen auf Preise ist spannend. Produkte, die überall verfügbar sein sollen, müssen in noch mehr Lägern verfügbar sein. Das dadurch Lagerhaltungskosten steigen ist einleuchtend. Auch noch nicht beantwortet ist die Frage, wer das alles liefert? Paketzusteller wie die DHL oder UPS sind wohl kaum in der Lage ihre Distribution noch weiter zu optimieren. Wahrscheinlicher ist es, dass kleinere Unternehmen hier mögliche Zusatzgeschäfte sehen. Warum soll der Pizzadienst vormittags nicht auch noch Pakete ausfahren? Auch Taxifahrer haben nicht selten Leerzeiten, die mit Kurierfahrten verringert werden könnten.

Nur wer organisiert das? Schließlich soll es ja auch technisch einwandfrei funktionieren. Und hier kommen wieder kleine Start-Ups in Spiel, die hier Lösungen liefern und die Karten in bestehenden Geschäftsfeldern neu mischen. So zum Beispiel Liefery. Wie viele andere Start Ups auch nutzt man hier die Fähigkeit bestehendes zu hinterfragen und gänzlich neu zu denken. Dies gelingt größeren Unternehmen nicht in dem Maße.

Aus meiner Sicht handelt es sich um den nächsten Schritt der Produktdiversifikation unter Plattformbetreibern, den Amazon mit hoher Geschwindigkeit vorantreibt. Wohlwissend, dass dahinter nicht das nächste große Ding wartet. Sehrwohl aber Kundenbindung und die Gewissheit das nicht jeder Konkurrent und Mitspieler bei der Geschwindigkeit mithalten kann und wird.

 

 

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